Wessen Gedanken gleich der Lerche steigen Des Morgens frohbeschwingt zum Firmament, Wer überm Leben schwebt und mühlos kennt Der Blumen Sprache und der Dinge Schweigen!
– CHARLES BAUDELAIRE – „Erhebung“ aus „Les fleurs du mal“, 1857
Blumen scheinen magische Grenzgänger zwischen blühender Natur und konstruierter Kultur zu sein. Hier als Lebendiges, dort als zum Dinghaften Zerfallendes empfunden – in jedem Fall in ihrer schicksalhaften Abhängigkeit von Atmosphäre, Licht und Wasser verbleibend. Botanisch bilden sie eine ökologisch-funktionale Einheit, in Farbe und Form dem Fruchtbarkeitsparadigma verschrieben. Eine biologisch-fundierte Ästhetik wird ihnen von Philosophen (Kant: Kritik der Urteilskraft) oder Dichtern (die Urpflanze bei Goethe) zugrunde gelegt. Die Verbindung zwischen floraler Ästhetik und Epistemik fasziniert nicht zuletzt Mathematiker wie Leonardo Fibonacci. Im 17. Jahrhundert mündete die in den Niederlanden grassierende Tulpenmanie, welche die Tulpenzwiebel zu einer wertvollen Ersatzwährung hat werden lassen, in eine ökonomische Krise. Die Symbolkraft der Blume mit ihrer zeitlichen Dynamik vom Säen und wachsenden Gedeihen über das Aufgehen der Knospe und der Blüte des Lebens bis hin zum langsamen Schwinden der Kräfte und zuweilen transformatorisch-ästhetischen Verdorren erlebte in der von Lady Mary Wortley Montagu aus dem Orient importierten viktorianischen Blumensprache einen Höhepunkt. In kulturell codierter Form wortloser Kommunikation kann sozial oder politisch Unaussprechliches dank der Form-, Farb- und Geruchsvarianz „durch die Blume“ gesagt werden. Weitere Konventionen wie die durch den Mann erfolgende Ball-Einladung vermag die Dame nonverbal durch die entsprechende Positionierung des Blumenstraußes zu beantworten. Blumen stellen somit ein wesentliches zwischenmenschliches Bindeglied dar. Doch wessen bedarf es für das Aufgehen dieser kommunikativen Saat? Wie den kleinen Moment des Blühens genießen? Wie den Spagat zwischen der Verantwortung gegenüber dem sich vertraut Gemachten und der Leichtigkeit des Seins leben? Welche Rolle spielen Blumen in Kompositionen, in der Bühnenbildgestaltung, im Rahmen ornamentaler Architektonik, in literarischen, religiösen oder politisch-agitatorischen Texten? Wie werden florale Elemente vertanzt?
Für Samstag, den 23. März 2024 möchten wir ab 11:00 Uhr herzlich zu unserem „Liberalen Kultursalon“ nach München einladen, um gemeinsam in die Sprachen der Blumen und die Dynamik zwischen Blüte und Staub einzutauchen. Im Rahmen des „Liberalen Kultursalons“ steht in Anlehnung an historische Salon-Kulturen das Zusammenkommen im Namen der nach Freiheit dürstenden Kunst und Kultur im Mittelpunkt. In geschütztem Ambiente privater Atmosphäre besteht die Möglichkeit einen künstlerischen Beitrag darzubieten, der in einem geselligen Miteinander bei kleinen kulinarischen Köstlichkeiten zu genießen und weiterzudenken ist. Der Art deiner Kunstdarbietung sind keinerlei Grenzen gesetzt: Ob eine Lesung, ein musikalisches Werk, eine kleine Kunstausstellung, Einblicke in ein Architekturprojekt, die Inszenierung einer Theater- oder Tanzszene, eine essayistische Gedankenskizze, ein Kochrezept oder etwas gänzlich anderes – wir freuen uns auf deine Ideen und Darbietungen. Es geht um eine Insel des Genusses und des gemeinsamen Denkens inmitten disruptiver Wirklichkeit.
Der Zauber der Salon-Kultur lebt von Vertrauen und Intimität, sodass wir auf ein aufzeichnungsfreies Veranstaltungsformat großen Wert legen. Smartphones und Uhren dürfen somit gerne in der heimischen Wirklichkeit oder in den abgelegten Manteltaschen verbleiben.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Anja Marzuillo, Svenja Schnepel & Helena Bach
Bild: Hymnus an Michelangelo. (c) Creative Commons Attribution 2.0 Germany. Die Quelle ist hier abrufbar.
Adresse
80687 MünchenVeranstaltungsort
Beim Veranstaltungsort handelt es sich um eine Privatwohnung. Aus diesem Grund wird die genaue Veranstaltungsadresse erst nach bestätigter Anmeldung den Teilnehmenden zugesendet.