Von Laura J. Klimecki

Forschung


An wie vielen Trainings und Seminaren haben Sie in Ihrem Leben bisher teilgenommen? Falls Sie aktuell eine Führungskraft oder zumindest auf dem besten Weg dorthin sind, waren Sie mit großer Wahrscheinlichkeit schon einmal Teilnehmer an einem Führungskräfte-training und wenn nicht, haben Sie zumindest einmal darüber nachgedacht, ein solches Training zu besuchen. Doch warum eigentlich? „Gute Führung“ ist in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen Thema der Arbeitspsychologie geworden. Das liegt vor allem daran, dass man erkannt hat, welchen Motivationsschub eine gute Führungskraft im eigenen Team auslösen kann.

Was sind also die passenden Rahmenbedingungen für hohe Motivation und exzellente Leistungen? Ein Faktor, der sowohl die Motivation als auch die Arbeitsleistung beeinflusst, ist das Führungsverhalten. So zeigen mehrere Studien, dass mit guter Führung die objektive Performance eines Teams steigt.

Auf welche Art wir Menschen führen, beeinflusst mitunter, wie motiviert Menschen an etwas arbeiten – ganz gleich, ob es sich dabei um eine Dienstleistung oder ein Produkt handelt

Damit ist klar, dass es sich lohnt, in „gute Führung“ zu investieren. Der Markt für Führungskräftetrainings ist groß. Es gibt eine Menge Anbieter, die Trainings und Seminare zu den unterschiedlichsten Führungsansätzen anbieten. Was aber häufig fehlt, ist eine Wirksamkeits- evaluation dieser Trainings, also die Erforschung, ob das Training wirklich die gewünschte Wirkung auf das Führungsverhalten und die verbesserte Leistung der Mitarbeiter hat. In meiner Dissertation möchte ich deshalb der Frage nachgehen, ob und inwieweit gute Führung mittels Trainings gelernt werden kann. Darüber hinaus untersuche ich die Wirkung eines kombinierten Ansatzes von Training und Coaching sowie die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der Intervention auf das jeweilige Führungsverhalten beziehungsweise die Leistung und Motivation des zu führenden Teams.

Was ist „gute Führung?“

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, muss zunächst einmal definiert werden, was „gute Führung“ überhaupt ist. Die psychologische Forschung befasst sich seit knapp einem Jahrhundert mit positiven Führungsstilen. Darunter fallen zum Beispiel neben der authentischen und ethischen Führung auch die transaktionale und transformationale Führung.
Authentische Führung zeichnet sich mitunter durch Aspekte wie eine positive moralische Perspektive, Transparenz, Selbstbewusstsein, positives psycho-logisches Kapital sowie durch ein authentisches Verhalten aus. Eigenschaften wie Integrität, soziale Verantwortung, Fairness und die Bereitschaft zum Nachdenken über die Konsequenzen des eigenen Handelns bilden dagegen die Basis für ethische Führung. Bei der transaktionalen Führung werden wiederum herausragende Leistungen und das Erreichen von Leistungszielen mit Vorteilen belohnt. Zwar übernimmt die transaktionale Führungskraft durch die Überwachung von Arbeitsabläufen aktiv

Kontrolle, allerdings nur dann, wenn es zu Problemen oder Fehlern kommt. Zu den Kennzeichen transformationaler Führung gehören neben dem idealisierten Einfluss und der inspirierenden Motivation auch die intellektuelle Stimulation sowie die individuelle Betrachtung der Bedürfnisse eines jeden Mitarbeiters.

Nur: Welcher der dargestellten Führungsstile ist der richtige?

Ein Patentrezept für den idealen Führungsstil gibt es nicht. Deshalb wird für dieses Forschungsvorhaben ein Training entwickelt, das individuell auf die Bedürfnisse der teilnehmenden Führungskräfte zugeschnitten ist. Zunächst aber gilt es herauszufinden, welche Bedürfnisse Führungskräfte haben und was eine gute Führungskraft überhaupt ausmacht. Hierzu wurde die Branche der Personaldienstleister ausgewählt. Erstens existieren hier weniger Forschungserkenntnisse zu positiver Führung und zweitens nimmt die Branche einen immer wichtigeren wirtschaftlichen Stellenwert ein.

„Gute Führung“ entsteht durch die richtige Kombination verschiedener positiver Führungsstile.

Für die Pilotstudie wurden deshalb insgesamt 14 Führungskräfte mit unterschiedlichen Positionen aus der Personalberatungsbranche von mir interviewt. Der Fokus der Interviews lag neben bisherigen Erfahrungen und aktuellen Wünschen auch auf der individuellen Einschätzung der nötigen Eigenschaften einer guten Führungskraft in der Personalberatungsbranche.

Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigen, dass sich viele Führungskräfte eine Kombination aus Training und Coaching wünschen und besonderen Wert auf ein individuell zugeschnittenes Trainingskonzept legen. Mit Trainings „von der Stange“ wurden tendenziell schlechte Erfahrungen gemacht. Diese Ergebnisse bestärken das Vorhaben, ein Führungskräftetraining zu entwerfen, welches sich an den Bedürfnissen der Teilnehmer orientiert.

Wie geht es weiter?

Der nächste Schritt des Promotionsvorhabens besteht darin, aus den Ergebnissen der Pilotstudie ein Training zu konzipieren, dieses in Unternehmen durchzuführen und die mittel- bis langfristigen Folgen zu erfassen. Hierzu wird ein experimenteller Ansatz verfolgt. Neben einer Experimentalgruppe, die das konzipierte Training erhält, gibt es auch eine Kontrollgruppe, um vergleichbare Messwerte zu generieren. Wichtig ist, dass die Messungen so objektiv wie möglich sind und demzufolge nicht auf einer reinen Selbsteinschätzung der befragten Führungskräfte beruhen. Besonders bei der Messung der Leistung und der Motivation kann dies eine Herausforderung sein. Arbeitsleistung wird in der Personalberaterbranche beispielsweise zu einem großen Teil mittels KPIs (Key-Performance-Indicators) gemessen. Dazu zählt unter anderem die Anzahl abgeschlossener Verträge oder die Anzahl der getätigten Kandidatenkontakte pro Teammitglied. Neben der Teamperformance wird die Kombination aus Training und Coaching im Vergleich zu einem reinen Training evaluiert. Das Ziel dieser Dissertation ist mehr über die Wirksamkeit von Führungskräftetrainings, unter anderem am Beispiel der Personalberatungsbranche, zu erfahren. Ein experimenteller und längsschnittlicher Ansatz mit Follow-up-Messung sowie objektiv gemessene Leistungskriterien stellen eine methodisch saubere Evaluation eines individuell konzipierten Führungstrainings sicher.

Laura J. Klimecki, M.Sc. ist seit September 2019 in der Promotionsförderung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Sie promoviert im Fach Psychologie an der LMU in München und leitet außerdem den Fachkreis Consulting im VSA e.V.

Sie wollen das Forschungsvorhaben unterstützen, haben Fragen zur Theorie und / oder wollen an einer Studie von Laura Klimecki teilnehmen? Dann schreiben Sie bitte direkt an: Laura.Klimecki@outlook.com



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