Die Kosten für eine Schönheitsoperation liegen in Deutschland etwa zwischen 3.000 und 12.000 Euro. Kosten, die nicht nur für viele Menschen nicht tragbar sind, sondern die mit Eingriffen einhergehen, die oftmals medizinisch nicht notwendig sind und so ein unnötiges Risiko für den Körper darstellen. Doch der Druck, Schönheitsoperationen vornehmen zu lassen, steigt – vor allem durch Social Media. Von Evelyn Galanin

In den letzten Jahren hat sich die Schönheitsindustrie dramatisch verändert. Immer mehr Menschen der sogenannten Optimierungsgesellschaft entscheiden sich für Schönheitsoperationen, um ihr Aussehen zu verbessern. Ein wichtiger Faktor, der diesen Trend beeinflusst hat, ist Social Media. In diesem Artikel werden wir uns damit beschäftigen, wie Social Media die Anzahl an Schönheitsoperationen in Form von Selbstoptimierungen beeinflusst und wie Schönheitskliniken auf Social Media für ihre Dienstleistungen werben.

Selbstoptimierung bezieht sich auf den Prozess, in dem Menschen versuchen, ihr Potenzial und ihre Fähigkeiten durch Selbstverbesserung zu maximieren. Es kann verschiedene Aspekte des Lebens umfassen, wie zum Beispiel die Gesundheit, die Karriere, die Beziehungen oder das Aussehen.

Dabei kann die Verbesserung durch verschiedene Methoden erreicht werden, wie zum Beispiel durch das Setzen von Zielen, die Verwendung von Technologien oder Techniken zur Stressbewältigung oder durch den Zugang zu Informationen und Ressourcen, die dabei helfen, Fähigkeiten oder Wissen zu erweitern. Selbstoptimierung kann eine positive Wirkung auf das individuelle Wohlbefinden und die Lebensqualität haben, indem es die persönliche Entwicklung und das Erreichen von Zielen unterstützt.

In den sozialen Medien haben sich in den letzten Jahren viele Trends entwickelt, die das Schönheitsideal beeinflussen. Plattformen wie Instagram oder TikTok bieten Nutzern die Möglichkeit, Bilder und Videos von sich selbst zu teilen und so ihr Aussehen zu präsentieren. In diesem Zusammenhang haben sich neue Schönheitsstandards entwickelt, die von vielen Nutzern als erstrebenswert angesehen werden.

Laut einer Befragung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische-Chirurgie hatte Social Media bei 23,1 % der unter zwanzig Jährigen einen Einfluss auf den Wunsch nach einer Schönheitsoperation. Der Konsum von Social Media hat bei dieser Gruppe den Wunsch, sich äußerlich zu verändern, verstärkt. Infolgedessen sind immer mehr Menschen dazu bereit, Schönheitsoperationen durchzuführen, um diesen Standards zu entsprechen. Die Gründe für eine Schönheitsoperation sind vielseitig. Einige möchten ihr Aussehen verbessern, um ihr Selbstbewusstsein zu steigern, während andere aus gesundheitlichen Gründen eine Operation benötigen.

Schönheitskliniken haben erkannt, dass Social Media ein effektiver Weg ist, um potenzielle Kunden anzusprechen und ihre Dienstleistungen zu bewerben. Insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Influencern können Schönheitskliniken gezielt eine Zielgruppe ansprechen und ihr Vertrauen gewinnen.

Influencer sind Personen, die eine hohe Anzahl von Followern auf Social Media besitzen und somit eine große Reichweite haben.Durch ihre Präsenz auf Social Media können diese dazu beitragen, das Bewusstsein für Schönheitsoperationen zu erhöhen und Interesse bei ihren Followern zu wecken. Schönheitskliniken können Influencer dazu animieren, über ihre Erfahrungen mit Schönheitsoperationen zu sprechen und diese Operationen auf ihrem Profil zu bewerben.

Wie nutzen Schönheitskliniken die Social Media Stars, um möglichst effizient und zielgerichtet Gruppen zu erreichen? Die Kontaktaufnahme kann sowohl vom Influencer als auch von der Klinik selbst kommen. In beiden Fällen erhalten Influencer in der Regel kostenlose Behandlungen oder Vergünstigungen im Austausch für ihre Unterstützung. Besonders häufig stößt man auf sämtliche Schönheitskliniken in der Türkei, die schon mit Content Creatorn und so mit unterschiedlichen Zielgruppen zusammengearbeitet haben. Das Prozedere ist oft gleich: Die Follower werden sowohl während des Aufenthalts in den Stories mitgenommen, als auch nach der Behandlung in Form von Kurzvideos am Geschehen beteiligt. Sobald eine Zusammenarbeit zwischen einer Schönheitsklinik und einem Influencer vereinbart wurde, kann dieser seine Erfahrungen mit der Behandlung auf Social Media teilen. Der Content Creator kann Bilder und Videos von sich selbst vor und nach der Operation teilen oder ein Video über den Prozess der Operation erstellen. Die Schönheitsklinik kann diese Beiträge dann auf ihrem eigenen Social-Media-Kanal teilen, um ihre Reichweite zu erhöhen.

Henrik Heüveldop, Beauty-Doc und Klinik-Gründer, sieht in Social Media keinen Auslöser für den Anstieg von Operationen in der Schönheitsbranche. Laut ihm treffen Nutzer und Nutzerinnen nur dann auf den gängigen Plattformen auf Werbeinhalte von Influencern oder Kliniken, die Eingriffe thematisieren, wenn sie vorher schon selbst danach gesucht haben. Er schaffe auch nicht die Nachfrage, sondern er bediene einen Markt, auf dem die Nachfrage schon vorher existierte.

Selbstoptimierung und somit Schönheitsoperationen können eine positive Wirkung auf das individuelle Wohlbefinden und die Lebensqualität haben, indem es die persönliche Entwicklung unterstützt oder vorherige Unsicherheiten beseitigt. Vor allem für Menschen, denen Eingriffe helfen, ihr Leben einfacher zu gestalten, sind derartige Operationen völlig legitim und angemessen.

Jedoch bringt die Werbung auch hohe Gefahren mit sich. In Deutschland stieg die Anzahl von Schönheitsoperationen von 2016 bis 2021 um 48 % an. Zudem waren 20,7 % der Patienten zwischen 18 und 30 Jahren alt. Jede Operation birgt Risiken, wie zum Beispiel Infektionen, Blutungen oder allergische Reaktionen auf Anästhesie oder Medikamente. Schönheitsoperationen können auch zu Komplikationen führen, wie zu unschönen Narben, Asymmetrie, Taubheit oder sogar zum Verlust von Empfindungen. Fraglich ist hier, inwiefern Influencer und Schönheitskliniken ihre Patienten über Social Media über mögliche Probleme aufklären. Oftmals werden nur positive Beispiele von glücklichen Patienten gezeigt und die Komplikationen verborgen. Vor allem für junge Menschen ist dies gefährlich, da diese schneller den Content Creatorn Vertrauen schenken und sich beeinflussen lassen. Schönheitsoperationen können kurzfristig dazu beitragen, das Aussehen zu verbessern und das Selbstwertgefühl zu steigern. Allerdings kann es auch dazu führen, dass Menschen immer unzufriedener mit ihrem Aussehen werden, wenn sie nicht ihr gewünschtes Ergebnis erreichen oder wenn sie sich mit anderen vergleichen, die ebenfalls Schönheitsoperationen durchgeführt haben. In Zeiten der Selbstoptimierung kann dies zu einer Spirale von Eingriffen führen, da man ständig den Drang hat, sich weiter zu verbessern. Die Schönheitsindustrie und die Medien haben oft unrealistische Schönheitsideale, die einen enormen Druck auf junge Menschen ausüben, insbesondere auf Frauen. Schönheitsoperationen können dazu führen, dass Menschen versuchen, einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen, anstatt ihr Aussehen so zu akzeptieren, wie es ist. Die Werbung, sowohl seitens der Influencer als auch der Kliniken, fördern den Druck und betonen das Schönheitsideal nochmal ernorm. Die Kosten sind ebenfalls ein großer Kritikpunkt, insbesondere wenn mehrere Operationen durchgeführt werden müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Oftmals werden Preise über Social Media nicht kommuniziert. Vor allem dann nicht, wenn die Operation für den Influencer kostenlos war. Dies kann zu einer Unterschätzung der Kosten seitens der Konsumenten führen. Es gibt auch viele Menschen, die sich Schönheitsoperationen nicht leisten können, was zu einem Ungleichgewicht und einer Benachteiligung führt. Im Hinblick auf die meisten Zielgruppen von Influencern, die sehr häufig aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen bestehen, ist die Finanzierung äußert fragwürdig. Unter den Peergroups könnte die Nicht-Operation sogar zu einem Grund für ein Ausschließen werden.

Social Media ist ein Ort, an dem wir uns entfalten und in dem wir sozial interagieren können. Es bietet uns die Möglichkeit, uns zu informieren und mit Interessengruppen zu kommunizieren. Insbesondere Influencer bieten für viele eine Art Vorbildfunktion und Inspiration. Werbungen für Eingriffe sind oftmals einseitig positiv und betreiben keine Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen. Es vermittelt den Zielgruppen ein falsches Bild über die tatsächlichen Dinge hinsichtlich Risiken, Kosten und Notwendigkeit. Verstärkt wird dies durch den wachsenden Schönheitswahn und die zunehmende Selbstoptimierung auf den sozialen Medien. Die Werbung für Schönheitskliniken und ihre Operationen sind in einer Art und Weise Motor für den Drang, sich ständig selbst zu verbessern.

Evelyn Galanin studiert Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln. Sie ist seit Januar 2021 in der Grundförderung der FNF.


Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des VSA-Mitgliedermagazins "freiraum", die in Kooperation mit der Medienakademie der Begabtenförderung der FNF entstanden ist. Mehr über die liberale Medienakademie könnt ihr über diesen LINK erfahren.