Michael Mlynarski und Robert Fleming sind Geschäftsführer der QualityMinds GmbH. Im Gespräch mit Laura Klimecki berichten sie über Qualitätssicherung für agile Softwareentwicklung sowie Software Testing.

Interview

 


Robert und Michael in drei Adjektiven

MM über Robert: Ehrlich, strukturiert, hartnäckig. RF über Michael: Visionär, optimistisch, pragmatisch.

QualityMinds lebt und steht für agiles Arbeiten. Was ist denn eigentlich der grundlegende Gedanke der Agilität?

Wir denken, dass Agilität ein Mindset ist. Es basiert auf mehreren Prinzipien, zum Beispiel Vertrauen, Mut, Selbstorganisation, und lebt davon, immer zu reflektieren bzw. zu lernen und zu versuchen, das "Richtige" zu tun.

Worin besteht deiner Meinung nach der größte Unterschied zum, nennen wir es „klassischen”, Arbeiten?

Aus der Sicht einer Führungskraft liegt der Unterschied darin, dass diese nicht mehr im "Driver’s Seat" sitzt. Sie agiert stattdessen als Designer eines Systems, welches selbstorganisiert arbeitet und seinen Weg bestimmt. Der Mitarbeiter sieht dann, dass ein großes Maß an Eigenverantwortung, Selbstorganisation, Selbstdisziplin und echte Übernahme von Verantwortung notwendig ist. Es gibt nicht mehr den Chef, der ganz genau sagt, was und wie es gemacht werden soll. Somit liegt die Verantwortung bei jedem selbst.

Inwiefern spiegelt sich das in eurem Führungsstil wider?

Unsere Führungskräfte sind Coaches und, wie schon erwähnt, Designer eines Systems. Wir pflegen oft einen Führungsstil, der sich "Host Leadership" nennt und manche von uns wenden sogar den des "Servant Leader" an. Nur in seltensten Notfällen wird durch autoritative Führung eingegriffen, um das Team zu schützen.

Wie findet die Kommunikation bei euch im Unternehmen statt, wenn es keine festen Arbeitszeiten gibt? Wie laufen beispielsweise Mitarbeitergespräche, Meetings oder Flurfunk?

Da wir höchst verteilt (Standorte / Länder sowie unterschiedliche Projekte) arbeiten, ist eine schnelle und effektive Kommunikation ein absolutes Muss. Im Alltag basiert der Großteil der Kommunikation im Team auf Slack (Messenger-App) sowie über Videochat und E-Mail. Direkte Gespräche oder ein schneller Anruf sind zwar nicht immer machbar, aber oft das effektivste Mittel. Statt der festen Arbeitszeiten vereinbaren wir gemeinsame Meetings, beispielsweise Daily oder Projekt-Updates, an die sich die meisten halten.

Der Rest der Kommunikation erfolgt nach Bedarf und direkt, zum Beispiel via Slack. Mitarbeitergespräche als solche haben wir abgeschafft und fordern (pro-) aktives Feedback jederzeit voneinander. Da die Gehälter nicht an Ziele geknüpft sind, arbeiten wir an dem, was wichtig und relevant ist, statt nur nach Punkten, die das Gehalt erhöhen können.

Flurfunk besteht immer, wenn man nicht gemeinsam darauf aufpasst. Dafür haben wir aber eine Kommunikations-Strategie (Was? Wann? Wie?) aufgestellt, die sehr gut funktioniert. Wichtig ist für uns dabei auch, Mitarbeiter schnell und "unpolitisch" über wichtige Themen zu informieren.

Wie kann jeder – egal ob Angestellter, Führungskraft oder Student – schon heute mehr Agilität in den Arbeitsalltag integrieren?

Ein besonders wichtiger Wert beim agilen Arbeiten, besonders im Scrum, ist Mut. Tipp: Weniger meeten und einfach machen! Ab sofort kann jeder seine Arbeit um Experimente ergänzen, diese in abgeschlossenen Zeiträumen alleine oder mit anderen durchführen und am Ende reflektie- ren, was besser oder anders gemacht werden kann. 

 

Infobox

Früher wurde in der IT eine Software erst vollständig mit dem Kunden geplant und dann ohne weitere Absprachen (meist nach längerer Zeit) beim Kunden abgeliefert. So konnten kurzfristige Änderungswünsche in der Entwicklung nicht mehr berücksichtigt werden. Am Ende hat der Kunde häufig viel Geld für ein Produkt bezahlt, das den aktuellen Ansprüchen nicht mehr genügte. Dieses Problem hat Scrum erkannt. Scrum bringt nun Agilität in Projekte. Das heißt, dass beispielsweise eine Software nun in Teilschritten und gemeinsam mit dem Kunden verwirklicht wird. Regelmäßige Absprachen mit dem Kunden ermöglichen es, kleine Änderungs- wünsche sofort in die Entwicklung einzubeziehen. So erhält der Kunde am Ende auch eine Software, die er wirklich gebrauchen kann.

 

Zu den Personen

Michael Mlynarski studierte und promovierte in Informatik an der Universität Paderborn, bevor er als Software Engineer und Entwickler seine Karriere in der privaten Wirtschaft fortsetzte. Robert Fleming studierte Volkswirtschaft an der Universität Nürnberg-Erlangen, arbeitete ebenfalls in der IT und ist heute unter anderem Mitglied im Software Ring e.G. Über die Arbeit bei Siemens lernten sich beide kennen. 2012 wurde aus der Idee, eine eigene IT-Firma zu gründen: QualityMinds. Die Wahlheimat von Michael Mlynarski ist München, die von Robert Fleming ist Nürnberg.

 

freiraum #59