Patriotische Filme über die Geschichte des russischen Sports als Versuch den Nationalstolz der Menschen in Russland zu steigern. Von Olga Miakotnikova

Schwerpunkt

 


Trotz mangelnder Qualität erwecken einige moderne russische Filme aufrichtiges Interesse und Bewunderung beim Publikum. Dazu gehören die zwei Sportdramen »Legend No 17« (Легенда No17) und »Going Vertical« (Движение вверх), die auf realen Begebenheiten basieren. Beide Filme waren Kassenschlager: Mit einem Budget von 13 Millionen brachte Legend No 17 (2013) 29 Millionen Dollar ein; »Going Vertical« (2017) spülte mit dem fast gleichen Budget sogar 53 Millionen Dollar in die Kassen.

Die Filme haben im Grunde den gleichen Plot. Die sowjetische Sportmannschaft, die unterschiedliche Hürden überwindet, besiegt einen ernsthaften Gegner in einem internationalen Wettbewerb und wird zum Champion. In »Legend No 17« ist es das sowjetische Eishockeyteam, das über die kanadische Mannschaft beim ersten Spiel der »Summit Series 1972« siegt. »Going Vertical« hingegen erzählt vom Sieg der UdSSR-Nationalmannschaft über das US-Team im Basketball der Herren während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München. Die Erfolge der sowjetischen Mannschaften sollen Inspiration für die modernen russischen Athleten und Sportfans sein und das Gefühl vermitteln, dass in der UdSSR »alles besser war« und man damals selbstverständlich auch besser spielte.

Doch warum bedarf es dazu Filme, die von der Sowjetzeit handeln? Insgesamt ist im heutigen Russland Kritik an der UdSSR nicht gern gesehen. Das Verbot der Vorführung des Films »The Death of Stalin« von Armando Iannucci zeigt dies deutlich. Gleichzeitig wird versucht bei den Menschen Stolz durch die Erfolge vergangener Tage zu wecken, da sich das moderne Russland kaum besonderer Leistungen rühmen kann. Beispielsweise belegt Russland im Korruptionswahrnehmungsindex 2017 die Position 135 – an der Spitze liegen Neuseeland, Dänemark, und Finnland – und der durchschnittliche Mindestlohn beläuft sich auf lediglich 135 Euro im Monat, worauf die Menschen des Landes kaum Stolz sein können.

Deshalb ergreift die russische Regierung Maßnahmen, um den Patriotismus im Land zu stärken. Es existiert ein staatliches Programm zur patriotischen Erziehung der russischen Bürger und der Staat gibt Geld aus, um für patriotische Inhalte in Filmen, Büchern, Videos auf YouTube und Ähnlichem zu sorgen. Die Regierung will den Patriotismus »monopolisieren« und darüber die öffentliche Meinung steuern. Liebe zum Mutterland = Liebe zum Staat – das ist die Formel von Wladimir Putin und seinem Gefolge. Die Filme »Legend No 17« und »Going Vertical«, in denen alle Sportler für ihr Land spielen und die auf die politische Situation kaum eingehen, transportieren auch diese Idee.

Es wirkt künstlich und unaufrichtig wie einem auf diese Weise der Patriotismus aufzudrängen versucht wird. Die Regierung versteckt ihre Misserfolge hinter schönen Slogans, Bildern und Worten über den »besonderen Weg Russlands«. Die einen singen »We Are the Champions«, andere – obwohl sie solche Sportdramen sehen und sich über die Erfolge vergangener Zeiten freuen – können aber kaum Nationalstolz empfinden.

In einem Land, wo das wirtschaftliche Wachstum hoch ist und wo die Politik nicht nur von einer Partei betrieben wird, wären patriotische Erziehung und Propaganda nicht mehr notwendig. Ich hoffe, dass Russland in Zukunft zu einem solchen Land werden wird.

 

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