Liane Knüppel war acht Jahre Präsidentin des VSA. Im Oktober kandidierte sie nicht noch einmal für das Amt und übergab den Staffelstab an ein neues Führungsteam. Constantin Ecken hat mit ihr zum Abschluss gesprochen.

Interview

 


freiraum: Liane, wenn Du auf Deine acht Jahre als VSA-Vorsitzende zurückblickst, welche Persönlichkeit kommt Dir als erstes in den Sinn?

Liane: Auf jeden Fall Wolfgang Gerhardt, der in dieser Zeit Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung war. Er hat den VSA 2009 offiziell als Alumni-Verband unserer Stiftung anerkannt. Gerhardt war als Persönlichkeit sehr prägend. Die Zusammenarbeit mit ihm war vertrauensvoll und nie kompliziert. Wir haben uns regelmäßig getroffen und über die Zusammenarbeit zwischen Stiftung und VSA gesprochen. Es gab Leute in der Stiftung, die immer sagten, was angeblich alles nicht geht. Aber Wolfgang Gerhardt blieb seiner Linie immer treu. Das rechne ich ihm hoch an.

Wie wichtig ist denn das Verhältnis zwischen dem VSA und der Stiftung auch für den Erfolg des Verbandes?

Für den großen Erfolg des Verbandes sind wir schon selbst verantwortlich. Wir engagieren uns ehrenamtlich und erledigen unsere Aufgaben, die wir für wichtig erachten, ganz gleich was die Stiftung macht. Und das schon seit über 31 Jahren. Das ist ja das Gute am VSA: Wir sind unabhängig und gemeinnützig. Ein kleiner Freundeskreis weniger Jahrgänge von Stipendiaten und Altstipendiaten hat den Verband im Sommer 1987 in Eigeninitiative gegründet – übrigens damals gegen den Willen der Stiftung. Und die Geschichte gibt uns immer wieder Recht. Dabei liegt ein gutes Verhältnis zwischen Stiftung und VSA, das es ja über längere Strecken auch immer wieder gegeben hat, im ureigenen Interesse beider Seiten, denn VSA-Mitglieder sind Stiftungskinder! In Zukunft könnte der VSA in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Begabtenförderung sogar noch viel, viel mehr schaffen. Aufgabenteilung ist hier das Stichwort. Mehr Kooperation und weniger Doppelstrukturen sollten das Ziel sein.

Gab es auch mal einen Punkt, an dem Du am liebsten das Handtuch geworfen hättest?

Ja, und zwar im Februar 2017, als uns der Geschäftsführer abhandengekommen ist. Und das innerhalb von 14 Tagen. Das war schon heftig. Wir planten unser 30-jähriges VSA-Jubiläum und hatten nicht nur das Jubiläumsheft zu gestalten, sondern auch das ganze Fest-Wochenende im Juni mit Symposium, Festakt im Hotel Ellington und Mitgliederversammlung vorzubereiten. Der VSA-Vorstand hatte unglaublich viel zu tun und keinen Geschäftsführer. Wir haben daraufhin die Arbeit im Vorstand notdürftig verteilt, aber die Hauptlast und Verantwortung lag auf meinen Schultern. Ich habe in den folgenden Monaten Vollzeit gearbeitet. Aber als mich Christian von Falkenhausen, damals frisch gewählter Beisitzer im VSA-Vorstand, anrief und mir seine volle Kraft und Unterstützung anbot, war das großartig. Wir haben dann gemeinsam in den nächsten drei bis vier Monaten das Jubiläum gestemmt, und es wurde ein wunderschönes Fest im Juni in Berlin. Ich bin Christian dafür auch heute noch sehr, sehr dankbar. Denn bevor sein Anruf im Frühjahr kam, habe ich schon gegrübelt, was ich machen soll: hinschmeißen oder durchziehen? Ich bin aber jemand, der nicht so schnell aufgibt. Am Ende wurde das Jubiläum ja auch ein großer Erfolg und hat riesigen Spaß gemacht. Und Christian und ich waren mehrere Wochen so richtig im Flow.

Wie viel Arbeit leistet denn ein ehrenamtlicher Vor- stand im Hintergrund, wenn beispielsweise der VSA-Ball geplant wird?

Ich habe über all die Jahre hinweg streckenweise ehrenamtlich einen »Halbtagsjob« für den VSA gemacht. Gerade vor den großen Veranstaltungen wie unseren Bällen, wurde es manchmal auch mehr, auch wenn das jeweilige Ball-Team der Stipendiaten sich vor Ort um die Organisation und den Ablauf des Ballabends gekümmert hat. Alle Bälle waren Gemeinschaftsleistungen und haben am Ende immer Spaß gemacht. Ich habe mich darüber hinaus um die Referenten für unsere Symposien gekümmert und fast ohne Ausnahme um alle Sponsoren und Geldgeber. Das war anstrengend, aber das ist auch das, was ich gut kann.

Und was waren wiederum Highlights? Welche Events oder Projekte bleiben in Erinnerung?

Auf jeden Fall das schon genannte Jubiläum. Aber auch der Konvent in diesem Jahr und letztlich all die Bälle. Ich kann gar nicht sagen, welchen Ball ich am schönsten fand. Alle hatten etwas ganz Besonderes und standen immer unter einem besonderen Motto.

Du hast den Konvent und die MV 2018 bereits erwähnt. Auf dieser hast Du nicht noch einmal für den Vorstand kandidiert. Wie schwer war es für Dich, sich von dieser Aufgabe zu trennen und »Adieu!« zu sagen?

Diese Entscheidung ist mir gar nicht schwergefallen. Ich kann aber auch nicht sagen, dass ich froh war, das Amt abzugeben. Ich bin fest davon überzeugt, dass es genau der richtige Moment war. Ich hatte mir das genauso überlegt, acht Jahre an der Spitze eines Verbandes sollten reichen. Meine Vorgänger waren auch alle acht Jahre im Amt. Ich möchte außerdem für andere mit gutem Beispiel vorangehen: »Man sollte gehen, wenn es am schönsten ist«. Das hat mal meine Mutter zu mir gesagt. Sie meinte damals die Partys, aber für mich ist es heute mehr, es ist eine Lebensklugheit. Und in der aktuellen Politik sieht man ja, was passiert, wenn man den richtigen Zeitpunkt verpasst. Der VSA ist gut aufgestellt, er hat jetzt einen starken, jungen neuen Vorstand, der die Arbeit mit Sicherheit sehr gut fortsetzen wird. Darüber bin ich zutiefst froh.

Ein Alumni-Verband wie der VSA kann ganz unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Was ist aus Deiner Sicht die wichtigste für den VSA momentan?

Die Mitglieder zusammen zu halten und auch dafür sorgen, dass die verschiedenen Generationen beieinander bleiben. Ich möchte nicht, dass der Anteil der älteren Mitglieder bröckelt. Ich fände es sehr schade, wenn die Älteren nach und nach austreten, nur weil sie in Rente gehen und meinen, sich aus ihren Vereinen zurückziehen zu müssen. Wir müssen überlegen, was wir als Verband der älteren Generation anbieten können oder umgekehrt, wo sich unsere älteren Mitglieder von sich aus aktiv einbringen können. Zugleich muss der VSA neue, junge Mitglieder gewinnen. Es hilft, dass die neu in die Stiftung aufgenommenen Stipendiaten sogleich für ein Jahr kostenlos Schnuppermitglieder werden können. Wichtig ist aber auch, dass sie dann bleiben. Der VSA will dafür sorgen, dass von jeder Stipendiaten-Generation mindestens die Hälfte beim VSA bleibt. Momentan sind es 40 bis 45 Prozent.

Was kommt noch hinzu?

Die inhaltliche, fachliche Arbeit für alle Generationen. Dafür haben wir im letzten Jahr die Fachkreise gebildet. Das Prinzip der Fachkreise habe ich mir nicht selbst ausgedacht, das habe ich mir bei den Freunden bei der Konrad-Adenauer-Stiftung abgeschaut. Ich habe mir angesehen, wie sie das machen, wie sie ihre mehrere tausend Alumni bei der Stange halten. Sie arbeiten in Fachkreisen und bieten neben der inhaltlichen Arbeit auch Gelegenheiten, sich zu treffen, sich zu vernetzen und miteinander zu feiern.

Also nicht jeder Alt-Stipendiat tritt dem VSA bei. Viele verabschieden sich von der Stiftung und kommen nicht zurück. Woran liegt das aus Deiner Sicht? Und was könnte der VSA tun, um noch mehr Alt-Stipendiaten zu binden?

Im Moment kann man da wohl wenig tun, so lange bei der Stipendiatenauswahl nicht einige grundlegende Änderungen vorgenommen werden. Es ist ja leider so, dass etwa die Hälfte der Stipendiaten nur das Geld will und danach weg ist. Wir, die wir aktiv sind und so sehr von der Stiftung profitiert haben, verstehen das nicht. Und manche in der Stiftung wollen es nicht hören. Wenn ich mit den anderen politischen Stiftungen spreche, wird mir allerdings bestätigt, dass es bei ihnen ähnlich ist.

Wie siehst Du als »alte Häsin« die Entwicklung des freiraum? Welchen Stellenwert hat das Magazin heute?

Der freiraum hat sich super entwickelt. Ab der vierten Ausgabe habe ich alle gesammelt. Ich muss schmunzeln, wenn ich die allerersten Ausgaben sehe. Das waren nur geheftete Schreibmaschinenseiten. Die sahen sehr selbstgemacht wie eine Schülerzeitung aus. Und dann gab es Schritt für Schritt Verbesserungen. Nicht nur das Design ist heute flott, die Seiten sind sehr anschaulich und modern gestaltet. Die Texte sind toll und die vielen Bilder geben einen guten Eindruck von den Aktivitäten der Stipendiaten und Altstipendiaten. Früher hatten wir manchmal das Problem, dass es zu wenige Beiträge gab. Inzwischen schreiben so viele Stipendiaten Artikel aus dem wissenschaftlichen oder stipendiatischen Leben, dass die Redaktion so manchen Artikel kürzen oder auf den nächsten freiraum verschieben muss. Unser freiraum ist ein wichtiges Werbemittel. Er ist zum Vorzeigen – wie eine Visitenkarte. Deshalb finde ich auch die klassische Heftform so gut. Nur digital reicht nicht. Der freiraum sollte als wertvolle Zeitschrift auf jedem Küchentisch liegen.

Und zum Abschluss: Was erwartest du vom VSA in den nächsten Jahren? Was muss der neue Vorstand um Johannes Berger als erstes anpacken?

Das hört sich vielleicht etwas seltsam an: Weitermachen wie bisher. Weiter wachsen. Neue Mitglieder und vor allem die jüngeren Stipendiaten gewinnen – und bei der Stange halten. Ein breites Angebot an Veranstaltungen bewerkstelligen. Weiterhin Bälle anbieten, aber auch Wanderungen, Sommerfeste, Radtouren, kleinere Treffen auf regionaler Ebene. Aber der VSA ist schon super gut aufgestellt, und ich bin richtig stolz auf unseren Verband! Ich freue mich auf die nächsten Jahre und darauf, dass ich ab jetzt einfach nur noch teilnehmen darf.

Und wie geht es jetzt für Dich weiter?

Ich will mich wieder stärker auf meine Coaching-Tätigkeit konzentrieren. Und ich werde mit den Erfahrungen, die ich gesammelt habe, auch andere Alumni-Verbände beraten. Außerdem werden meine vier Enkeltöchter schon dafür sorgen, dass es mir nicht langweilig wird.

 

 Zur Person

Liane Knüppel (65), Präsidentin des VSA 2010 bis 2018, war von 1980 bis 1983 Stipendiatin und seit 1988 Mitglied des VSA. Sie wirkt seit 2003 im FNF-Auswahlausschuss mit und ist seit 2010 stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums. Als Diplompädagogin war sie viele Jahre freiberuflich für die Stiftung, Ministerien und Verbände tätig. Jetzt arbeitet sie wieder als Coach mit dem Schwerpunkt Karriereberatung in Beruf und Politik und bietet Beratung für Alumni-Verbände an.

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