Von Till Trouvain
Seit 2018 bietet SOH – eine große mittelständische Wirtschaftskanzlei mit Sitz in Essen und insgesamt knapp 100 hoch engagierten Mitarbeitern – Stipendiatinnen und Stipendiaten ein Druckkostenstipendium für ihre rechtswissenschaftliche Dissertation. SOH ist auf nationaler wie internationaler Ebene tätig und berät und vertritt Unternehmen jeder Größenordnung sowie Unternehmer, ebenso wie Freiberufler. Ein Schwerpunkt liegt in der umfassenden Beratung von Familienunternehmen.
Im April 2018 wurde Till Trouvain, damaliger Promotionsstipendiat der FNF, in das Programm von SOH aufgenommen und hat als erster Stipendiat den ausgelobten SOH-Druckkostenzuschuss abgerufen. Seine Dissertation zum Thema “Asset Stripping durch Finanzinvestoren” (Mohr Siebeck, 2019, 728 Seiten) erhielt den Carl-Gareis-Preis der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth. Im Anschluss machte Till mit einem Stipendium der Deutsch-Amerikanischen Fulbright-Kommission seinen LL.M. (Master of Laws) an der University of Chicago. Mittlerweile ist er Rechtsreferendar in Frankfurt am Main und beginnt bald seine Verwaltungsstation bei der Europäischen Zentralbank.
Nachdem ich 2018 in das Mentorenprogramm von SOH aufgenommen wurde, durfte ich vor ca. 3 Jahren in der 60. Ausgabe des freiraum mein Dissertationsthema vorstellen. In dem Beitrag “Grenzen des Ausschlachtens – Unterschiede zwischen Finanzinvestoren und Twingo-Fahrern" riss ich die Problematik an, wieso Fahrer:innen eines himmelblauen Twingo diesen samt des rosafarbenen Plüschlenkrads in seine Einzelteile zerlegen und sodann Stück für Stück verkaufen dürfen, Unternehmensinhaber:innen dagegen in ihrer Eigentumsfreiheit zu Gunsten einer erhöhten Sozialbindung eingeschränkt sind. Im Frühjahr 2019 habe ich meine Promotion abgeschlossen und mich in der Absicht, das Referendariat noch ein wenig hinauszuzögern und das Leben zu genießen, im Anschluss für einen 9-monatigen LL.M. (Master of Laws) in Chicago entschieden. So ein himmelblauer Twingo kommt eben doch besser zur Geltung, wenn es neben dem Frontspoiler (Dr.) auch einen Heckspoiler (LL.M.) gibt.
Das angloamerikanische Rechtssystem wirkte für mich seit jeher sehr skurril. Mein Aufenthalt in den USA hat mich in dieser Einschätzung nur noch weiter bestätigt. Dennoch haben mir die Kurse und die unterschiedlichen Herangehensweisen sehr viel Spaß gemacht und meinen juristischen wie auch gesellschaftspolitischen Horizont erweitert. Zudem ist der Druck durch das kompetitive Umfeld etwas höher und Eigeninitiative und Beteiligung im Unterricht haben in den Kursen einen viel höheren Stellenwert als ich es aus Deutschland gewohnt war. Auch habe ich die Möglichkeit genutzt, Kurse an der renommierten Booth School of Business zu absolvieren. Zwar fand ich mich dann oft als einziger Jurist in einer Klasse voll von MBA Studenten wieder und musste mir dann abermals meiner mittlerweile ausgeprägten mathematischen Defizite bewusst werden, belohnt wurde ich dagegen mit herausragenden Dozent:innen, die mir einen einzigartigen Einblick in ökonomische Zusammenhänge wie dem internationalen Handel, Transfer Pricing oder Netzwerkeffekte gewährt haben. Die ‘Windy City’ selbst ist eine faszinierende Stadt, in vielerlei Hinsicht. Sie ist Wirtschaftsmetropole, politisches Pulverfass und – für amerikanischen Verhältnisse – kulturelle Hochburg. Zugleich drängt sich einem die sozioökonomische Schere sowie die zum Teil vorherrschende bittere Armut und soziale Ungerechtigkeit an nahezu jeder Ecke auf. Wird man sich dessen bewusst, ist es ein sehr zwiegespaltenes Gefühl, inmitten des grundsätzlich sehr armen Südens von Chicago an eine private Bildungseinrichtung zu gehen, die einen mittleren fünfstelligen Geldbetrag an Semestergebühren fordert. Wäre das nicht genug, bestanden die Wochenenden für die deutschen Student:innen dann meist noch aus etwas dekadenten Trips zu den unzähligen Kanzleievents in New York, Washington, Houston, Miami oder etwa Los Angeles. Gegen Ende des LL.M. kam es dann Schlag auf Schlag. Erst Corona, dann Black Lives Matter und letztlich zwei sehr sachliche Emails des Auswärtigen Amtes und meines Stipendiengebers mit der Bitte, umgehend zurück nach Deutschland zu kehren.
Heute wirkt die Zeit der Dissertation ebenso surreal wie ein spontaner Städtetrip quer durch Europa, dabei war sie rückblickend eine der prägendsten Phasen meines Lebens. Ich genoss die wissenschaftliche Freiheit, an den Themen zu forschen, die mir Spaß machen. Ich hatte Freude an der Lehre und insbesondere daran, von vielen motivierten und schlauen Köpfen umgeben zu sein. Zu Letzterem gehören zweifelsohne auch die Anwält:innen der Kanzlei SOH, die ich über das Mentorenprogramm kennenlernen durfte. Selbstverständlich hat schon allein der finanzielle Teil des Stipendiums einen Reiz und nimmt viel Druck von der am Ende anstehenden Finanzierung der Druckkosten, die schnell einen hohen vierstelligen Betrag erreichen können. Daneben sieht es natürlich auch schön auf dem Lebenslauf aus, eine solch renommierte Kanzlei als Stipendiengeber angeben zu können.
Der eigentliche Vorteil des Stipendiums ist jedoch der Zugang zu einem Netzwerk aus einzigartigen Persönlichkeiten, die wirklich Spaß an juristischen, politischen und ökonomischen Fragestellungen haben. Dies hat man bereits an dem Workshop vor Ort in Essen gemerkt. Die Jurist:innen bei SOH zeichnen sich durch ein besonders breites Fachwissen sowie systematisches Verständnis aus und haben vielen von uns Doktorand:innen bereits in der kurzen Zeit, in der wir unsere jeweiligen Dissertationsthemen vorgestellt haben, spannende Hinweise zu weiteren möglichen Forschungsansätzen gegeben. Dass sie das akademische Hochreck beherrschen, wird bereits durch einen Blick auf den Briefkopf der Kanzlei deutlich, da sie nur promovierte Jurist:innen in ihre Reihen aufnimmt. Dazu zeichnete sich der Kanzleiworkshop – anders als ich es sonst zum Teil gewohnt war – von Anfang an durch eine wirklich entspannte Atmosphäre aus, ohne jedoch an fachliches Niveau zu verlieren. Auch dies steht sinnbildlich für die Kanzlei SOH. Voller Begeisterung stehen die Mentor:innen mit Rat und Tat zur Seite und bringen dabei ihre jahrelange Expertise ein. Das ebenso gerne via Telefon oder Zoom, als auch vor Ort bei einem Kaffee in den beeindruckenden neuen Räumlichkeiten der Kanzlei in Essen. Ich selbst habe von dem Stipendium sehr profitiert und kann wirklich nur jedem ans Herz legen, sich für das diesjährige Stipendienprogramm zu bewerben.Autoreninformation:
- Name: Till Trouvain
- Förderzeitraum: Promotionsstipendiat von Okt 2017 bis April 2019
SOH-Druckkostenstipendium – jetzt bis 17. Mai 2021 bewerben
SOH vergibt jedes Jahr mehrere Druckkostenstipendien für rechtswissenschaftliche Promotionen in Höhe von bis zu 2.500 Euro an junge Doktorandinnen und Doktoranden sowie jene, die am Ende ihres Studiums sind und sich vorstellen können, zu promovieren. Die Vergabe erfolgt im Rahmen eines Workshops in Essen. Neben der finanziellen Unterstützung stehen den Promovenden auch Mentoren von SOH zur Seite; eine Mitarbeit in der Kanzlei ist möglich. Bewerbungsfrist für die Teilnahme am diesjährigen Workshop ist der 17. Mai 2021. Alle Details finden sich unter Veranstaltungen.